Der Küchengott ist zurück und wir sind bei den falschen Eltern
Erinnern Sie sich noch an den Artikel Küchengott ? Damals habe ich beschrieben, wie der Küchengott 灶王爷 (zào wáng ye) am 23ten Tag des 12ten Monats im chinesischen Kalender zurück in den Himmel zum Jadekaiser geht, um Bericht zu erstatten über die Aktivitäten in den Haushalten. Ich hatte noch gar nicht beschrieben, wann er wieder zurück kommt.
Heute ist zum Beispiel so ein Tag. Es ist 初四 (chū sì), also der vierte Tag im neuen Jahr. Heute kehrt er zurück.
Wir haben also heute sein Bild neben den Herd gehangen und auch etwas zu Essen bereitgestellt (Die Reise war bestimmt lang und er ist sicher hungrig).
Wir befinden uns noch in den Ausläufern der Frühlingsfestes (oder auch chinesisches Neujahr genannt) und für die ersten Tage im neuen Jahr gibt es viele Dinge, die passieren, oder erledigt werden müssen.
Chinesen gehen traditionellerweise nach Hause zurück um das Frühlingsfest im Kreise der Familie zu feiern.
Hierbei handelt es sich natürlich um die Familie väterlicherseits, ein Mädchen das verheiratet ist geht natürlich nicht mehr zu ihren Eltern, sondern feiert das chinesische Neujahr bei den Eltern ihres Mannes, schliesslich gehört sie jetzt zu dessen Familie.
初一 (chū yī) ist der erste Tag des neuen Jahres (wie bei uns der 1. Januar Neujahr ist).
初二 (chū èr) ist der zweite Tag. An diesem besucht man traditionellerweise dann die Eltern mütterlicherseits.
Ich habe von einer Geschichte gehört, in der eine junge Frau Krach mit ihrem Ehemann und ihn darauf verlassen hatte um zu ihren Eltern zurückzugehen.
Sie stand also am ersten Tag des neuen Jahres (初一 chū yī) bei ihren Eltern vor der Türe.
Diese liessen sie jedoch vor dem zweiten Tag (初二 chū èr) nicht herein, da das Unglück bringen würde. Die Frau musste also eine ganze Nacht auf der Strasse verbringen.
Das ist dann tatsächlich gelebte Tradition, die in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Und tatsächlich nimmt man die Traditionen so hin, als gäbe es nichts anderes. Ein schönes Beispiel kann ich wieder aus unserer kleinen Familie berichten:
Wir besuchen zum Frühlingsfest immer die Eltern meiner Frau. Das ist aus chinesischer Sicht natürlich seltsam, aber zu meinen Eltern zu gehen würde ja überhaupt keinen Sinn machen. Sie sind Deutsche und feiern das chinesische Frühlingsfest nicht (sie kennen ja nicht einmal den chinesischen Kalender, nach dem sich das Fest berechnen lässt).
Als meine Frau also dieses Jahr ihre Verwandten angerufen hat um ihnen ein frohes neues Jahr zu wünschen, erwähnte sie auch, dass sie sich bei ihren Eltern befindet.
Die Überraschung war gross, da die meisten von ihnen davon ausgegangen sind, dass das Frühlingsfest weltweit gefeiert wird und wir ihrer Meinung nach bei meinen Eltern sein sollten.
Da habe ich dann wieder einmal gemerkt, dass Menschen weltweit doch ziemlich ähnlich sind.
Genau so wie der Durchschnittschinese glaubt, dass das chinesische Neujahr überall in der Welt gefeiert wird, so bekomme ich immer wieder Anfragen von meinen Freunden und Verwandten, wie Chinesen denn Weihnachten feiern würden.
Sie erinnern sich an den Artikel Früher war mehr Lametta ? China ist kein christliches Land, weshalb sollte man die Geburt Christi feiern ?
So gesehen sind sich die Menschen weltweit doch ähnlicher als man gemeinhin annimmt.
Kulturen, politische Systeme und Religionen mögen einen Einfluss auf die Völker und ihre Leben haben, aber im Grunde genommen gleichen sich die Menschen doch, wenn man etwas genauer hinschaut. Das fällt mir immer wieder auf.