Wie Phönix aus der Asche
Vor kurzem waren ein paar Tage frei. Die Nationalfeiertage, ähnlich dem Frühlingsfest, sind in China Anlass für viele Leute die Familie zu besuchen, oder irgendwo sonst hinzureisen um sie zu verbringen (die Feiertage, nicht die Familie ).
Kaum jemand bleibt zu Hause. Und auch wir haben einen kleinen Familienausflug gemacht. Zugegeben nicht besonders weit, aber ein Tapetenwechsel war es allemal.
Wir sind in Beijing geblieben, aber wenn man es mit deutschen Maßstäben misst, dann ist eine Tour vom Osten der Stadt in den Westen doch schon eine kleine Reise und vergleichbar mit einem Trip von einer deutschen Stadt in eine andere. So ist man dann auch knapp 1½, 2 Stunden unterwegs (ohne Stau).
Wir haben uns in einem hübschen Hotel im Stil der alten chinesischen Häuser (四合院 sì hé yuàn) einquartiert.
Mehrere Gebäude, die einen chinesischen Garten umfassen, in unserem Fall sogar mit einem Teich, künstlichen Felsen und Pavillon. Alles in der Nähe des Sommerpalastes.
Und da sind wir auch direkt bei unserem heutigen Artikel angekommen: Der Sommerpalast und die kaiserlichen Gärten.
Was viele Leute nicht wissen: Es gibt derer zwei.
Zum einen die kaiserlichen Gärten (御园 yù yuán).
Das Gebiet, das man mit diesem Namen umschreibt, besteht genau genommen aus mehreren Garten- und ehemaligen Palastkomplexen:
- 圆明园 (yuán míng yuán)‚ der Garten der vollkommenen Klarheit
- 长春园 (cháng chūn yuán) der Garten des Ewigen Frühlings
- 绮春园 (qǐ chūn yuán), der Garten des Schönen Frühlings oder auch 万春园 (wàn chūn yuán)‚ der Garten der Zehntausend Frühlinge
- und 西洋楼 (xīyáng lóu), die westlichen mehrstöckigen Gebäude (westlich im Sinne von europäisch. Hier wurde der Rokoko mit chinesischer Architektur vermischt).
Die Gärten sind vor allen Dingen berühmt für die Ruinen des sogenannten „alten Sommerpalastes“.
Der Palast wurde während der Qing-Dynastie ab 1709 errichtet und ist Zeit seines Bestehens immer weiter ausgebaut worden.
1860 wurde die Anlage, neben etlichen anderen durch englisch/französische Streitkräfte im Zuge des zweiten Opiumkrieges zerstört. Darauf folgten Plünderungen und die Anlage ist mangels Geldmitteln nie wieder aufgebaut worden.
Zum anderen gibt es den „neuen Sommerpalast“ (颐和园 yí hé yuán). Neben dem Kaiserpalast (besser bekannt als „verbotene Stadt“) eines der bedeutendsten Wahrzeichen Beijings.
Er liegt nur einige hundert Meter westlich von den Ruinen des alten Sommerpalastes entfernt.
Der neue Sommerpalast wurde 1751–1764 ebenfalls in der Qing-Dynastie errichtet und wurde genau wie sein „großer Bruder“ auch im zweiten Opiumkrieg zerstört.
Allerdings wurde er auf Geheiß der Kaiserwitwe 慈禧 (cí xǐ) wieder aufgebaut.
Sie nutzte dafür Gelder, die eigentlich in den Aufbau der Kriegsflotte hätten fliessen sollen. Stattdessen wurde ein steinernes Boot in der Parkanlage gebaut, wo sich die gehobene Gesellschaft mit Peking-Oper (hatten wir ja im Artikel Schweine am Trog bereits angeschnitten) und anderen Darbietungen bespaßen liess.
1900 wurde der Komplex während des Boxeraufstands durch die Briten erneut zerstört und dann abermals wieder aufgebaut.
Man kann sagen, dass er tatsächlich wie der Phönix aus der Asche immer wieder aufs neue zum Leben erweckt wurde.
Und es gibt tatsächlich auch im Gebäudebereich des Gartens eine Phönix-Statue.
Allerdings ist Phönix nicht gleich Phönix, hier handelt es sich wieder um einen Übersetzungsfehler (oder eine Übersetzungsungenauigkeit).
Der Phönix, so wie wir ihn kennen kommt ursprünglich aus der ägyptischen Mythologie. Dort ist er unter dem Namen „Benu“ bekannt.
„Benu“ der Totengott kehrte neugeboren als Reiher aus seinem Überwinterungsgebiet zurück.
In der griechischen Mythologie wurde daraus der Phönix. Ein Fabelwesen, das am Ende seines Lebenszyklus verbrennt und aus der Asche wieder aufersteht. In manchen Überlieferungen auch aus einem Ei wieder geboren wird.
Der 凤凰 (fèng huáng), der immer als Übersetzung des Phönix im chinesischen angegeben wird, ist eigentlich ein anderes Fabeltier.
Er wird zwar auch dem Feuer zugeordnet, wird aber nicht durch dieses Element neu geboren.
Der Grund, weshalb sich eine Statue von ihm im Sommerpalast befindet, ist recht schnell erklärt:
Das Fabelwesen, das den chinesischen Kaiser repräsentiert ist der Drache und das der Kaiserin ist eben der 凤凰 (fèng huáng).
Und einen kleinen Tipp habe ich auch noch für Sie, wenn sie den Sommerpalast einmal besuchen möchten:
Da es sich um eines der berühmtesten Ausflugsziele Beijings handelt, sind Menschenmassen zu so ziemlich jeder Jahreszeit die Regel.
Kommen Sie also früh morgens und betreten ihn vom Nordtor her. Hier gibt es auch eine Haltestelle der U-Bahn Linie 4 namens 北宫门 (běi gōng mén).
Von hier aus können Sie über ein paar Stufen den Berg im Norden der Palastanlage besteigen und beim Abstieg immer die wundervolle Aussicht geniessen.
Unten angekommen bleibt es Ihnen überlassen, ob sie die Gebäude besichtigen, im Park spazieren gehen oder das Steinboot bewundern wollen.
Starten Sie von einem der anderen Eingänge, werden Sie wahrscheinlich nach den Besichtigungen der Insel, der Bauwerke und des Wandelgangs nicht mehr all zu viel Vergnügen beim erklimmen der Stufen verspüren.
Abgesehen davon, dass sich dann bereits die Touristenströme bemerkbar machen, die diese Eingänge bevorzugen, da man hier mit Reisebussen anreisen kann.
Und wenn Sie nur einen Tag für die Besichtigung eingeplant haben, sollten Sie davon absehen den See zu umrunden. Mieten Sie stattdessen lieber eines der Boote.