Stichhaltige Beweise
Nachdem wir in älteren Artikeln bereits die chinesische Arzneimitteltherapie (中药治疗 zhōng yào zhì liáo) (im Artikel Die Menge macht das Gift), die chinesische Massage (推拿 tuī ná) (im Artikel Bis es weh tut
) und die Bewegungstherapien (Qigong (气功 qì gōng) und Taijiquan ( 太极拳 tài jí quán) (in Artikel Immer wieder ein Kampf
) kennengelernt haben, widmen wir uns heute der Akupunktur, die im Chinesischen als 针灸 (zhēn jiǔ) bekannt ist.
Das Schröpfen (拔罐法 bá guàn fǎ),das wir im Artikel Professionelle Knutschflecke auch schon besprochen hatten, zählt als Unterart auch zur Akupunktur.
Wie nicht anders zu erwarten, orientiert sich auch die Chinesische Akupunktur an den Meridianen: Leiterbahnen, in denen die Körperenergie, das sogenannte 气 (qì), fliessen kann.
Und obwohl sich die Akupunktur auch in unseren Breitengraden immer grösserer Beliebtheit erfreut, bleibt man von Seiten der klassischen, westlichen Medizin skeptisch, da für die traditionelle chinesische Behandlung keine stichhaltigen Beweise im wissenschaftlichen Sinne für deren Wirkung vorliegen, die man anerkennen würde.
Es gab von 2002 bis 2007 die sogenannten GERAC-Studien (German Acupuncture Trials) mit denen man die Wirkung von Akupunktur wissenschaftlich nachweisen wollte.
Es gab zwar Ergebnisse die einer Behandlung mit Akupunktur gegenüber einer Behandlung ohne Akupunktur bessere Erfolge bestätigten, aber traditionelle und Schein-Akupunktur erzielten hier ähnliche Ergebnisse.
Zur Erklärung: Es gab eine Versuchsgruppe, die traditionell nach den chinesischen Richtlinien behandelt wurde und eine andere Gruppe, die man mit der eben angesprochenen Schein-Akupunktur behandelt hatte. Hier wurden zum Beispiel die Nadeln nicht an die klassischen Punkte gesetzt, die die chinesische Medizin vorschreibt, also nicht auf die Reridiane, die für eine korrekte traditionell chinesische Behandlung unabdingbar sind.
Interessanterweise wiesen beide Gruppen erstaunlich ähnliche Ergebnisse auf, was die Erfolge der Schmerzbekämpfung (Migräne, Spannungskopfschmerz, Kreuz- und Knieschmerzen) anging. Lediglich in ein paar wenigen Untersuchungen schnitt die traditionelle Lehre besser ab, allerdings nicht signifikant.
Akupunktur ist inzwischen in das deutsche Gesundheitssystem bei einigen Beschwerden als kassengetragene Therapieform aufgenommen worden, allerdings nicht die klassische chinesische Variante (resultierend aus den Resultaten der eben angesprochenen GERAC-Studien).
Sie sollten also nicht Akupunktur mit klassischer chinesischer Akupunktur gleichsetzen, da gibt es definitiv Unterschiede.
Die klassische chinesische Akupunktur orientiert sich, wie alle anderen Unterpunkte der chinesischen Medizin auch, an dem ganzheitlichen Bild des Menschen, in dem das 气 (qì), also die Körperenergie (ganz platt übersetzt), fliesst.
Mit Hilfe der unterschiedlichen Behandlungsmethoden (darunter auch die chinesische Akupunktur) kann man diesen Fluss, sollte er nicht mehr einwandfrei funktionieren und dadurch Krankheiten hervorrufen, wieder ins Gleichgewicht bringen.
Die chinesische Akupunktur ist somit also fest eingebettet in ein System aus unterschiedlichen Behandlungen, die man vielleicht nicht losgelöst voneinander versuchen sollte zu interpretieren.
In der westlichen Medizin beurteilt man immer eine Krankheit / Beschwerde und eine darauf zugeschnittene, lokale Lösung.
Und so hat man dann eben auch die Akupunktur betrachtet. Als Behandlung für bestimmte, lokale Beschwerden.
Das ist zwar nicht ganz falsch, allerdings ganz richtig ist es auch nicht.
Auch wenn man mit gezielt platzierten Nadeln bestimmte Körperstellen direkt ansprechen kann, so ist das grosse Bild dahinter doch eines, das durch die Stimulation eines gewissen Punktes noch viel mehr beeinflusst als eben nur diese lokale Region. Es wird der Fluss der Energie wieder in Ordnung gebracht, wodurch sich der Körper wieder selber heilen kann.
Es ist definitiv eine andere Sichtweise auf die Dinge.
Aber die deutschen Forscher haben natürlich auch Recht und Akupunktur funktioniert tatsächlich auch losgelöst von den chinesischen Akupunktur-Punkten. Dann allerdings nur beschränkt (angewandt in unmittelbar lokalen Behandlungen).
Somit hat man also zumindest einen Teilaspekt der chinesischen Lehre verstanden und nachweisen können, auch wenn der entscheidende Teil hier komplett ausser Acht gelassen wurde.
Aber sonst könnten sich die fernöstlichen Behandlungsmethoden wohl nicht in die westliche Medizin einfügen lassen.
Eines ist allerdings sicher: Von chinesischer Seite wird man niemals die deutschen Forschungen anerkennen, die eine jahrtausend alte Medizin in Frage stellt und eben so wenig wird man von Seiten der deutschen Forschung eine wissenschaftlich nicht nachgewiesene Kraft wie das 气 (qì) und die damit verbundenen Akupunktur-Punkte anerkennen.
An manchen Stellen sind die Kulturen dann doch noch sehr weit von einander entfernt.
Somit hätten wir nun vier der fünf Säulen der klassischen Chinesischen Medizin bereits besprochen, fehlt nur noch die Chinesische Ernährungslehre, auch als Diätetik bezeichnet. Im Chinesischen als 中医食疗 (zhōng yī shíl iáo), bzw. 中医药膳 (zhōng yī yào shàn) bekannt.
Die werde ich mir sicherlich auch noch in einem anderen Artikel zur Brust nehmen.