Fleißiges Bienchen
Man kann keine allgemein gültige Aussage über die Arbeitsmoral der Chinesen machen. Natürlich nicht, schliesslich sind alle Menschen unterschiedlich.
Trotzdem fällt immer wieder auf, dass viele Chinesen sehr viel arbeiten oder auch lernen bzw. studieren.
Wenn sie zum Beispiel im Ausland studieren, bilden sie stets die Spitzengruppe der Studenten und haben meist durchweg die besten Noten.
Das liegt an vielen, unterschiedlichen Faktoren:
Zum einen ist das Familiengefüge in China in der Regel wesentlich ausgeprägter als es in westlichen Familien der Fall ist.
Somit haben die Eltern und auch die Verwandten wesentlich mehr Einfluss auf das Leben der Kinder und können bis über die Pubertät hinaus lenkend in deren Leben eingreifen.
Zum anderen erfordert das Erlernen der chinesischen Sprache bereits Fleiss und Hingabe und somit werden die Kinder bereits in jungen Jahren daran gewöhnt ausgiebig zu lernen.
Im Schulalltag in China wird dies weiter fortgeführt. Chinesische Schüler schreiben ständig Tests in allen möglichen Fächern.
Nicht selten sitzen chinesische Kinder auch nach dem Unterricht noch stundenlang zu Hause und lernen.
Der Konkurrenzdruck in China ist auf Grund der enormen Menschenmassen unbarmherzig und jeder versucht der Beste zu sein, um sich irgendwie von der Masse abzuheben.
Und sollte noch ein wenig Freizeit vorhanden sein, wird sie mit dem Erlernen eines Musikinstruments oder Sport verplant.
Allerdings nicht so, wie man es bei uns gewöhnt ist, sondern auf einem semi-professionellen, manchmal auch richtig professionellen Level.
Von Kindern, die nicht einmal 13 Jahre alt sind und bereits alle Tests bestanden haben um als Klavierlehrer zu arbeiten, hört man immer wieder mal.
Auch im Arbeitsleben legen sich Chinesen oft sehr ins Zeug. Vor allen Dingen, wenn man sich die Zeiten ansieht, zu denen sie arbeiten.
Ein 8 Stunden Job ist eher die Ausnahme. Viele Leute arbeiten hier bis tief in die Nacht um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Vor allen Dingen wenn man sich die Verkäufer mit ihren Lastenfahrrädern anschaut, die mühsam Fruchtsäfte oder ähnliches verkaufen.
Egal, um welche Uhrzeit ich aus dem Haus gehe, der Saftmann ist bereits auf seinem Posten.
Auch wenn ich spät abends nach Hause komme, er ist da. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt schläft.
Es gibt auch das Phänomen, dass chinesische Mitarbeiter zwar lange im Büro anwesend sind, die Qualität ihrer Arbeit aber oft nicht die beste ist.
Gerade europäischen Unternehmen beklagen immer wieder die Arbeitsmoral vieler einheimischer Angestellter.
Ein weiteres Phänomen ist, dass auf Grund des ständigen Frontalunterrichts und dem Fehlen von Zeit zum Spielen im Kindesalter, später das kreative Denken, das man auch zur effektiven Fehlersuche braucht, öfters zu wünschen übrig lässt.
Aber das ist auch immer wieder von Fall zu Fall verschieden.
Was definitiv auffällt ist, dass Chinesen besonders viel arbeiten, wenn sie selbständig sind.

Und auch die Ideen ein Geschäft zu betreiben sind immer wieder interessant. Oft werden einfach Schilder oder Laufschriften in die Fenster der Wohnung gehangen, auf denen man die Telefonnummer findet um in Kontakt zu treten.
Andere Leute sitzen am Strassenrand, in den Unterführungen und anderen Plätzen, haben kleine Tische aufgebaut und reparieren Telefone, verkaufen Dinge, bereiten Essen zu usw.
Einige postieren sich so geschickt zwischen anderen, offiziellen Verkaufsständen in den Einkaufszentren, dass man nicht mit Sicherheit sagen kann, ob sie offiziell einen Stand hier haben und auch Miete bezahlen, oder sich einfach eingeschlichen haben.
Und es wird auch viel mit Flugblättern und Aufklebern geworben (zwei dieser Methoden habe ich ja bereits im Artikel Legal, illegal, scheissegal beschrieben).
Viele dieser Geschäftsideen bekommt man als Ausländer gar nicht mit, da sie ausschliesslich mit chinesischem Text werben.
Das Phänomen, dass chinesische Mitarbeiter nicht nach westlichen Standards arbeiten und viel Zeit damit verbringen eigentlich nichts zu tun, gibt es auch immer wieder, aber in der Regel ist die Arbeitsmoral in China sehr hoch.
Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass es kein so gutes soziales Netz wie in Deutschland gibt, das einen auffängt, wenn man mal seine Arbeit verliert.
Als direkte Auswirkung sieht man entsprechend auch so gut wie nie Gruppen Betrunkener in den Strassen.
Man hat in China keine Zeit um sich auf dem Spielplatz um die Ecke zum Vormittagsbier zu treffen, da man irgendwie für seinen Lebensunterhalt sorgen muss.
Man sollte sich immer wieder einmal vor Augen führen, wie gut es einem in Deutschland eigentlich geht.
Auch wenn es nicht perfekt ist, so sind viele Dinge, gerade was soziale Absicherung angeht bahnbrechend, wenn man es mit anderen Ländern vergleicht.
In China muss man in der Regel selber sehen wo man bleibt. Wenn einem niemand einen Job anbietet, muss man selber etwas finden, womit man Geld machen kann.