Von Hexenbesen und wilden Reitern
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Strassenfeger in Deutschland ihre, mit roten Plastikborsten besetzten Besen oft umdrehen und gar nicht mit den Borsten die Strasse fegen, sondern mit dem breiten Holzteil selber, aus dem die Borsten ragen ?
Sind die modernen Besen vielleicht gar nicht so gut für die Arbeit geeignet, wie man gemeinhin annimmt ?
Ich kann ihnen auf diese Frage leider keine Antwort geben, aber es fällt mir immer wieder auf, wenn ich in Deutschland bin.
In China benutzt man fast ausschliesslich Reisigbesen. Und es scheint zu funktionieren.
Man kehrt so lange mit den zusammengebundenen Zweigen, bis diese sich abgenutzt haben, dann bindet man sich einfach ein neues Bündel zusammen und befestigt es am Stiel.
Für Harry Potter Fans dürfte China einige interessante Fotomotive auf Lager haben, auch wenn es sich nicht um den Nimbus 2000 handelt.
Das ist übrigens auch wieder eine interessante Geschichte: Warum sagt man Hexen nach, sie könnten auf Besen reiten ?
Ich habe ein wenig recherchiert und bin auf interessante Artikel gestossen.
Der Besen in Verbindung mit kräuterkundigen Frauen ist schon lange bekannt.
So kehrten Hebammen schon bei den Römern nach einer Geburt die Hausschwelle, um böse Geister fernzuhalten.
Zur Zeit der Hexenverfolgung hat sich der Mythos gebildet, dass Hexen (wie man sie dann betitelt hat) sich mit Flugsalbe einreiben und auf allen möglichen Gegenständen, unter anderem eben auf Besen, reiten und fliegen konnten.
So sollen sie sich zum Beispiel zu geheimen Treffen auf dem Brocken (im Volksmund auch Blocksberg genannt) zur Walpurgisnacht getroffen haben.
Man geht gemeinhin davon aus, dass die sogenannte Flugsalbe aus halluzinogenen Nachtschattengewächsen und Pilzen hergestellt wurde und ein Rauschmittel war, das lediglich die Illusion des Fliegens erzeugt hat.
Man geht ferner davon aus, dass diese Salbe über die Schleimhäute aufgenommen wurde und Symptome wie Kribbeln, Schwindel, Lethargie oder Illusionen hervorgerufen hat.
Herauszufinden, was das mit dem Hexenbesen zu tun hat, überlasse ich Ihrer schmutzigen Phantasie.
Aber wir schweifen wieder ab.
Die Zweige der Rispenhirse (auch oft als echte Hirse bezeichnet) werden oft verwendet um Besen herzustellen.
In China wird sie aber nicht bloss als Besen verwendet. Die Rispenhirse, die im chinesischen 糜子 (méi zi) heisst, ist eine Getreidepflanze, die früher auch in Europa angebaut wurde, bevor sie von Kartoffel und Mais verdrängt wurde.
Man kann die kleinen Früchte, die etwas grösser sind als Zuckerkörner, nämlich auch Essen.
In Deutschland vielleicht noch bekannt bei ökologisch Interessierten, die sie im Reformhaus kaufen, ist sie im Gegensatz dazu gerade in Chinas Norden und der Mongolei als Lebensmittel sehr beliebt.
Man sagt, dass die Reiterheere Dschingis Khans (Činggis Qaɣan. Auf Chinesisch: 成吉思汗 chéng jí sī hàn) so erfolgreich waren, nicht zuletzt weil sie mit Trockenfleisch und diesem Getreide die perfekte Marschverpflegung hatten.
Man kann es so essen, braucht es weder zu kochen noch zu braten, es ist nahrhaft, leicht und hält ewig ohne schlecht zu werden.
Ich mag es besonders gerne im Joghurt.