Was'n los ?
Dass viele Dienste (gerade was soziale Medien im Internet angeht) in China nicht verfügbar sind, ist ja allseits bekannt.
Ich hatte ja schon einmal darüber im Artikel Der gläserne Mensch berichtet.
Die Chinesische Firewall (wie sie immer gerne genannt wird) leitet Anfragen nicht an die Server von Facebook, Youtube etc. weiter.
Inzwischen ist auch der Messaging Dienst „What’sApp“ (übersetzt so etwas wie „Was’n los ?“) betroffen.
Nachrichten können noch gesendet und empfangen werden, aber Bilder und andere Anhänge oft nicht mehr.
Das ist kein Zufall, sondern gewollt. Dafür gibt es zu jedem Dienst, den man aus unseren Breitengraden kennt, ein entsprechendes chinesisches Pendant.
Für „Facebook“ gibt es „微博 wēi bó“, für „What’sApp“ „WeChat (bzw. 微信 wēi xìn)“, für „Youtube“ „优酷 yōu kù“ usw.

Der Hintergrund ist, dass China nicht gerne die Daten aus den sozialen Medien anderen zugänglich machen möchte.
Denn diese Daten sind Gold wert. Mit Hilfe von Ihnen kann man genauestens belegen, was ein grosser Teil der Bevölkerung tut, wer sich wann wo aufhält und mit wem, welche Leute sich untereinander kennen und was sie voneinander halten, was jeder einzelne für Vorlieben und politische Einstellungen hat und inzwischen sogar wer wann wo wieviel Geld für was ausgibt.
Wer diese Daten hat, braucht eigentlich keine Armee mehr um ein Land einzunehmen, man führt einfach seine Bewohner mit Hilfe der sozialen Medien in die gewünschte Richtung.
Der Vorwurf, der China aus dem Westen immer gemacht wird ist der, dass der Zugang zu alternativen Medien geblockt wird.
Das ist ein gutes Argument, wenn die Alternative allerdings darin besteht die Daten seiner Einwohner Institutionen wie NSA etc. zugänglich zu machen, dann muss ich sagen, ist China eines der wenigen Länder, das es richtig gemacht hat.
Denn diese Daten können in den falschen Händen wichtiger sein als Geheimdokumente einer Regierung.
Und das interessante daran: Die Leute geben diese Informationen freiwillig her. Man braucht weder Spione, noch teures Abhörequipment.
Aber die Leute sind nicht von heute auf morgen auf die Idee gekommen ihr Leben mit anderen zu teilen (und ich spreche jetzt nicht von Familie und Freunden, sondern von mehr oder weniger Bekannten und Fremden).
Wie war es denn vor der Zeit von Facebook, Weibo, WeChat und Co ?
In Deutschland zum Beispiel hat man damals seine privaten Informationen anstatt im Internet, in der Kneipe geteilt.
Und obwohl die Anzahl der Kneipen in Deutschland drastisch abgenommen hat, findet man auch heute noch die typischen Figuren, wenn man danach sucht:
Da gibt es die Glocken-Uschi, die zwanghaft immer wieder ihr Dekolletee zur Schau stellen muss und schmierige Bekanntschaften sammelt wie andere Leute Bierdeckel, den Öko-Dieter, der nicht anders kann und ständig auf alle möglichen Missstände in der Welt aufmerksam machen muss, die so abstrus sind, dass man sich ständig fragen muss ob er ärztliche Betreuung nötig hat und es gibt den Schnauzbart (wie ihn alle nennen), der immer auf seinem Stammplatz in der Ecke sitzt und zu allem eine Meinung hat, da er angeblich schon überall einmal gewesen ist und alles schon einmal gemacht hat (und das, obwohl er seit über 30 Jahren, jeden Tag auf immer dem selben Platz sitzt und Fernet Branca in sich hineinkippt).
Narzissten, Fake-News-Verbreiter und Lügenbarone, alles wie im Internet.
Der einzige Unterschied zu den Plattformen der sozialen Medien ist der Ausschank von Alkohol.
Es handelt sich also nicht um ein neues Phänomen. Einzig die Tatsache, dass diese Daten jetzt an zentralen Punkten gesammelt vorkommen, wesentlich einfacher auszuwerten sind und der Umstand dass jetzt mehr und mehr Menschen (auch jene, die eigentlich gar nicht so sehr extrovertiert sind) sich genötigt fühlen ihren Teil zur enormen Verbreitung von privaten Daten beizutragen, sind neu.
In den westlichen Staaten werden sie hauptsächlich von amerikanischen Unternehmen gesammelt, in China bleiben sie dagegen im eigenen Land.
Dass die Daten überhaupt nicht gesammelt werden sollten, da sind wir uns ja hoffentlich alle einig.
Denn die Aussage „Mir ist das egal, ich habe nichts zu verheimlichen“ ist bloss eine dumme Art zu sagen, dass man kein Teil der Gesellschaft sein möchte.
Man könnte ebenso gut sagen „Redefreiheit interessiert mich nicht, ich habe nichts zu sagen“.
Bei beiden bleibt aber die Frage offen: „Und was ist mit den anderen Menschen ?“
Ich zum Beispiel möchte nicht alle meine privaten Daten in den Händen von irgendwelchen dubiosen Grosskonzernen wissen.
Das ist ein Kampf, in dem wir bereits etliche Schlachten verloren haben, aber es lohnt sich immer, auch wenn es nicht ständig ist, mal nicht mit dem Strom zu schwimmen.
Und wissen Sie, was noch effektiver ist, als keine Daten weiterzugeben ? Falsche Daten weitergeben.
Ist der Anteil der falschen Daten gross genug, ist das ganze System das sie sammelt nutzlos.