Dummer Ausländer
In Chengdu (成都 chéng dū), der Provinzhaupstadt von Sichuan (四川 sì chuān) gibt es einen jungen Mann, der gerade mit einem Rap- bzw. HipHop Song für Aufsehen sorgt.
Der junge Mann nennt sich 謝帝 (xiè dì), was man ganz grob mit Gottkaiser übersetzen könnte.
Also ein extrem übersteigertes Ego, so wie man es von Rappern gewohnt ist. Alles ganz normal.
Aufreger ist sein neues Lied, in dem er ziemlich abfällig über Ausländer in China herzieht.
瓜老外 (guā lǎo wài) ist dort immer wieder zu hören. Gua ist ein lokaler Ausdruck in Chengdu für dumm.
Alles zusammen bedeutet es also „dummer Ausländer“. Das klingt ja erst mal nicht besonders hart, allerdings wird im Text dann doch recht schnell klar, worum es hier eigentlich geht.
In einer Zeile bietet er den Ausländern an, seine Stiefel zu putzen, um etwas Geld zu verdienen.
Der junge Mann hat offensichtlich ein Problem mit Ausländern, die in seinen Augen zu dumm sind in ihrer Heimat etwas auf die Beine zu stellen und darum nach China kommen um Geld zu verdienen.
Irgendwie drollig. Aber der Ton legt nahe, dass es doch recht ernst gemeint ist.
Die Ausländer, die er als „Verlierer" betitelt, kommen seiner Meinung nach des Geldes und der hübschen Frauen wegen nach China.
Da gibt es dann sofort Meinungen und Aussagen im Internet wie: „Bei jemandem, der sich so sehr über Ausländer aufregt frage ich mich doch ernsthaft, warum er dann ausgerechnet ein Musikgenre bedient, das alles andere als chinesisch ist und ein Konterfei von Eminem auf seinem Arm tätowiert hat. Ist wohl doch alles nur Geldmacherei.“
Aber von so schnellen Urteilen wollen wir uns ja nicht überzeugen lassen.
Die ersten entrüstete Gedanken, die sich gebildet haben, als ich den Titel des Artikels im Internet gefunden habe, lichten sich langsam, nachdem ich mir den Text in aller Ruhe einmal zu Gemüte geführt habe.
Darin geht es um „Versager“, wie er die Ausländer nennt, die nach China kommen um hier ein lockeres Leben zu führen und als Englischlehrer ihr Geld zu verdienen.
Da muss ich ihm tatsächlich sogar Recht geben, diese Ausländer gibt es natürlich auch.
Auch ich habe schon etliche von ihnen in den Kneipen von Beijing getroffen.
Da es für Studenten finanziell oft nicht einfach ist, haben viele Englischlehren zu einem kleinen Nebenverdienst gemacht, wenn sie nach China kommen und hier eine gewisse Zeit leben um zum Beispiel Chinesisch zu lernen oder zu studieren.
Es gibt allerdings auch besagte Leute, die auf dieser Stelle hängen bleiben und jahrelang mal besser, mal schlechter Chinesen (oft Kindern) ihre Muttersprache näher bringen.
Ich glaube der Begriff „Lebenskünstler“ passt hier ganz gut.
Und auch hier gibt es wieder „normale“, wenn man sie denn so nennen möchte und die, die ganz offen ungefragt anderen Ausländern wie mir erzählen, für wie dumm sie die Einheimischen halten und wie einfach es angeblich ist, ihnen einen schlechten Englischunterricht zu verkaufen.
Nun, solche Menschen, die sich absolut unangemessen verhalten gibt es in jeder Sparte und überall, glücklicherweise machen sie aber nicht den Grossteil der Menschen aus.
Ebenso wie in unserem Beispiel. Der Grossteil der Ausländer in China sind Spezialisten in allen möglichen Sparten wie Wirtschaft, IT, Technik usw. und eben keine „Lebenskünstler“.
Es ist für Ausländer nämlich gar nicht so einfach mal eben nach China zu kommen und irgendetwas zu arbeiten.
Die Bestimmungen für ein Arbeitsvisum sind nicht ohne.
Aber das lässt sich natürlich nicht gut in einem Rap Song vermarkten, ausserdem setzt es voraus, dass man sich auch in anderen Kreisen als dem chinesischen Nachtleben und in Bars herumtreibt, was ebenfalls nicht zum Image eines jungen, wütenden Rap Stars passt.
Allerdings muss man dem jungen Mann hier zu Gute halten, dass er anscheinend nicht alle Ausländer über einen Kamm scheren möchte.
Bleibt nur noch die Frage offen, ob man solch ein Thema genau in dieser Form ansprechen und zur Schau stellen sollte.
So wie ich die Artikel im Internet gesehen habe, entstehen hierdurch wieder neue Vorurteile gegenüber den Chinesen, dass diese uns bloss als Idioten wahrnehmen.
Meiner bescheidenen Meinung nach könnte man sich eben genau hier von den dummen Anderen unterscheiden, indem man anstatt Andere zu dissen (wie es heute so schön heisst), stattdessen intelligent mit dem Thema auseinandersetzt und ihm mit gekonnten Worten, also echter Sprachgesangskunst begegnet.
Wäre ein Tipp von meiner Seite.
Ist natürlich nicht so einfach wie das Kopieren billiger Klischees und erfordert echtes Talent, würde dann aber auch echten Respekt hervorrufen.
Und das ist doch das, was Rap Stars immer wollen. Respekt. Oder nicht ?