Bloss nicht krank werden
Das ist doch praktisch: Musste ich anfangs ausreisen um ein neues Arbeitsvisum zu bekommen, kann ich es jetzt ganz bequem vor Ort machen.
Zur Erklärung: Ich bin in Deutschland bei meiner Firma angestellt und habe einen Entsendevertrag, in dem alles geregelt ist, was mein Leben, bzw. die Arbeit in China betrifft.
Das bedeutet, dass ich jedes Jahr mein Arbeitsvisum erneuern muss. Ist etwas umständlich, da man mit dem neuen Visum auch wieder zu der Polizeistation gehen muss, um sich mit neuem Visum registrieren zu lassen (Sie werden es noch aus dem Artikel Registrieren (immer wieder) kennen).
Anfangs war es so, dass man ausreisen musste, um ein neues Visum zu beantragen.
Man konnte also zurück nach Deutschland, oder in irgendein anderes Land und Urlaub machen, während man auf seine Unterlagen wartet.
Jetzt ist das alles etwas bequemer. Man bleibt einfach in Beijing, gibt seinen Pass dem Agenten mit und wartet etwas.
6 Wochen sind hier veranschlagt, es kann aber auch vorkommen, dass es etwas schneller geht.
Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen: „Werden Sie in dieser Zeit bloss nicht krank“.
Ärzte, die in ihrer eigenen Praxis eine Krankheit diagnostizieren können, gibt es so in China nicht, also muss man ins Krankenhaus.
Das alleine ist schon mal ein extremer Aufwand. Erst einmal müssen Sie ein Krankenhaus finden, das auch Ausländer behandelt. Diese sind natürlich weit von unserer Wohnung entfernt. Und dann können Sie als Ausländer nicht einfach so einen Termin ausmachen, Sie müssen tatsächlich hinfahren und eine Nummer ziehen.
Ich meine, ich hatte es schon einmal erwähnt, ich erzähle es aber gerne wieder:
Wenn man sich auf dem Bürgersteig vor dem Krankenhaus befindet, wird man schon gefragt, ob man eine Nummer kaufen will, anstatt sich anzustellen und drinnen eine zu ziehen. Das ist natürlich höchst illegal, aber leider gängige Praxis.
Denn viele der späteren Nummern haben gar nicht die Chance an dem selben Tag tatsächlich einen Termin zu bekommen und müssen die gleiche Prozedur am nächsten Tag wieder auf sich nehmen. Die Nummer des Vortages ist dann natürlich ungültig.
Aber auch bei den gekauften Nummern kann man sich nicht wirklich sicher sein, ob diese im Krankenhaus angenommen werden oder nicht.
Einziger Ausweg: Ganz früh morgens kommen und hoffen, dass man ein Ticket mit einer guten Nummer bekommt, das an dem besagten Tag auch noch einen Termin bekommt.
In meinem Fall bedeutet das: um 4:00 uhr nachts aufstehen zum Krankenhaus fahren, um den ganzen Tag dort zu verbringen, in der Hoffnung an diesem Tag einen Termin zu bekommen.
Wenn Sie sich also eine Erkältung eingefangen haben und ins Bett gehören, ist das Ihr sicherer Tod.
Sie müssen also warten, bis es wieder etwas besser geht, bevor sie diese Strapazen tatsächlich auf sich nehmen können.
Dann gibt es das Problem mit der Krankmeldung auf der Arbeit.
Wenn man einen deutschen Arbeitgeber hat, sind natürlich alle diese Dinge auf ein Leben in Deutschland ausgerichtet.
Dort ist es dann auch kein Problem, mal eben zum Doktor reinzuschauen, sich krank schreiben zu lassen und wieder ins Bett zu hüpfen.
Das geht in Beijing alles so nicht.
Und ein weiteres Problem tut sich auf: Die Krankmeldung ist selbstverständlich auf chinesisch.
Die Kollegen aus der Personalabteilung in Deutschland haben also keine Ahnung, was sie denn da vor sich haben.
Oft sind selbst die Datumsangaben in chinesischen Zeichen gehalten, was den besagten Kollegen das Leben noch weiter erschwert.
Man könnte die Krankmeldung natürlich übersetzen lassen. Kostet allerdings einiges an Geld und einen kompletten Arbeitstag um sich bei einem Übersetzungsbüro anzumelden, hinzufahren, ein Gespräch zu führen usw. bis man dann die tatsächliche Übersetzung hätte. (Sie erinnern sich bestimmt an den Artikel Hochzeit in China. Teil 1 (der trockene Part), auch hier war es ein regelrechter Kampf um die richtigen Unterlagen zu bekommen)
Es gibt auch einige wenige Krankenhäuser, die englische Krankmeldungen ausstellen, diese sind allerdings um ein vielfaches teurer als ein normales Krankenhaus und ich bin mir nicht sicher, ob die Krankenkasse das übernehmen würde.
Ich hatte mich mal kurz schlau gemacht und alleine um angenommen zu werden muss man hier 1000 RMB (knapp 130 EUR) bezahlen.
Um es wirklich deutlich zu machen: Sie werden gezwungen ein Schmiergeld zu bezahlen. Das zahlt Ihnen keine Krankenversicherung der Welt zurück.
Das sind alles die „normalen“ Probleme, die man so in China hat, wenn man krank ist.
Worauf ich diesem speziellen Fall hinaus wollte ist aber noch etwas anderes: Ganz zu Anfang habe ich gesagt, dass ich meinen Pass abgegeben habe.
Ohne Pass können Sie in kein Krankenhaus einchecken, bekommen kein Beratungsgespräch oder eine Krankmeldung, ganz abgesehen von einer Behandlung.
Sollten Sie Ihren Pass gerade bei den chinesischen Behörden abgegeben habe, sehen lieber zu, dass Sie nicht krank werden.
Das Leben in China ist nicht immer leicht.