Phishing for compliments
Ursprünglich heisst es „fishing for compliments“ und bezeichnet das Äussern von selbstkritischen Bemerkungen mit dem Ziel, aufmunternde Anerkennung bzw. positive Äußerungen von anderen zu erfahren.
Ein Phänomen, das sich im digitalen Zeitalter auf Plattformen wie Facebook und co. schon zu einem Selbstläufer entwickelt hat.
Jeder, der irgendwelche Kommentare, Bilder oder Artikel postet, erwartet hierfür auch sogenannte „Likes“ von Freunden und allen anderen, die seine Posts sehen können.
Das sieht in China nicht anders aus als bei uns, selbst wenn die Internet Plattformen, auf denen das passiert anders heissen als in Europa.
Auch in der U-Bahn in Beijing kann man immer wieder Leute sehen, die mit ihrem Mobiltelefon von Fahrgast zu Fahrgast laufen und darum bitten, dass man ihrem WeChat-Channel folgt (oft auch um die Userdaten dann an Geschäfte weiterzugeben).
Manch einer, egal ob in Asien oder zu Hause bei uns, lebt inzwischen sein Leben im sozialen Netzwerk und hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht ununterbrochen unechte Freundschaften und Bestätigung von deren Seite zu sammeln. Dabei vergessen die meisten, dass es sich hierbei bloss um einen Schatten der wahren Welt handelt.
Wie heisst es so schön ?: „Berühmt sein auf Facebook ist wie reich sein bei Monopoly“. Und das ist tatsächlich sehr nah an der Wahrheit.
„Phishing“ dagegen beschreibt ein System um an private Daten zu kommen (ursprünglich Passwörter. Phishing ist ein Kunstwort zusammengesetzt aus dem „P“ für Password und fishing).
Ursprünglich eine Hacker Attacke, die Leute durch Tricks dazu bringt, private Informationen preiszugeben, kann man diesen Begriff heute auf so ziemlich jeden Dienst im Internet anwenden.
Überall muss man ein Konto erstellen, oder sich mit einem bestehenden Account von Facebook oder Google registrieren.
Auch dafür sind die sozialen Medien bekannt. Sie sammeln Informationen über ihre Nutzer um ihnen zum Beispiel passende Werbung unterzuschieben.
In China hat man kurzerhand alle diese Dienste blockiert. Google, Facebook und wie sie alle heissen kann man in China nicht so einfach erreichen.
Allerdings hat man es nicht getan um die User zu schützen, sondern um eigene Systeme einzuführen und die Nutzerdaten selber abzugreifen.
Zu jedem bekannten Dienst gibt es ein chinesisches Pendant (ich hatte bereits darüber berichtet).
Die Datensammelleidenschaft hat sich in vielen Teilen der Welt inzwischen über das Internet hinaus entwickelt.
Kundenkarten, die man jedem Geschäft aufgeschwatzt bekommt, um ein paar Cent Geld zu sparen setzen auch wieder die Freigabe von privaten Informationen voraus und es ist ein offenes Geheimnis, dass die Anbieter von Mietfahrrädern, die China innerhalb kürzester Zeit mit ihren Drahteseln überschwemmt haben, nur an zweiter Stelle durch die Vermietung Geld verdienen, sondern das wirkliche Geschäft mit dem Verkauf der Daten machen.
Man kann sehen, welcher User wann von wo nach wo gefahren ist. Dies kombiniert mit den Daten vom Einkaufs- und Bezahlverhalten ist natürlich für grosse Firmen Gold wert.
Es gibt auch Gerüchte, dass in China mit Hilfe aller möglichen Daten Menschen politisch klassifiziert werden. Man sollte also als Chinese vielleicht die Sexspielzeuge lieber bar bezahlen und statt dessen hin und wieder eine Schrift der kommunistischen Partei bestellen.
Das interessante am Internet und seinen Diensten weltweit ist es, dass sie intelligent sind und lernen, für was man sich interessiert.
Dementsprechend werden die Informationen, die man erhält immer weiter auf die persönlichen Vorlieben angepasst.
Ein Prinzip, das schnell zu einem Problem werden kann. Und zwar genau dann, wenn man seine Informationen ausschliesslich über diese Kanäle bezieht. Es bildet sich eine Informationsblase. Nach gewisser Zeit bekommt man nur noch Informationen, die das Weltbild, das man sich hier aufgebaut hat, immer und immer wieder bestätigen (völlig unabhängig davon wie abstrus es auch sein mag).
Das kann leicht zu einer Verzerrung des wirklichen Weltbildes führen und macht einen all zu schnell anfällig für allgemeine Meinungsmache. Und das obwohl wir die Fehlinformationen, die sogenannten „Fake News“ noch ganz ausser Acht gelassen haben. Facebook ist, neben vielen anderen, ein Paradebeispiel hierfür.
Wir alle haben diese eine (oder auch mehrere) Person in unserer Freundesliste, die ununterbrochen Horrormeldungen postet und den Untergang der Welt bereits vor Augen hat. Oder man hat die Benachrichtigungen von dieser Person bereits in den Einstellungen deaktiviert.
Durch die Funktion der Systeme des Adaptierens sind soziale Plattformen im Internet das Gegenteil von einer verlässlichen Quelle an Informationen. Hier werden Meinungen ausgetauscht, keine Informationen.
Das sollte man sich stets im Hinterkopf behalten.
Weshalb ich es auch als einen nicht wieder gutzumachenden Fehler ansehe, dass geachtete Inormationsmedien aus Presse und Fernsehen unbedingt auf diesen vermeintlichen Zukunftszug aufspringen mussten.
Hier hätte man sich ganz klar distanzieren müssen und klarstellen, dass Meinungsmache nichts mit objektiver Berichterstattung zu hat.
Mit diesem Fehltritt haben sämtliche Medien in meinen Augen einen grossen Sprung in Richtung privater Nachrichtensender gemacht, auf denen sich Hinz und Kunz zu aktuellen Themen ihre Meinung an den Kopf werfen.
Das ist nicht nur keine objektive Berichterstattung, sondern auch über die Massen überflüssig.
Beim beschaffen von Informationen im Netz ist alles so lange kein Problem, so lange man sich darüber hinaus auch anderweitig mit Informationen versorgt, allerdings bleibt das bei vielen Leuten heutzutage aus. Und das obwohl heutzutage theoretisch alle Informationen frei verfügbar wären.
Interessanterweise sind in weiten Teilen Chinesen, denen man generell nachsagt, sie würden durch ihre Regierung bevormundet und hätten dadurch kein klares Bild der Weltpolitik, besser über internationale Themen informiert als sozial vergleichbare Menschen im Westen.
Auch wenn wir der Fairness halber festhalten müssen, dass Informationen China betreffend oft geschönt sind, so ist man hier jedoch, was weltweite Informationen angeht, auf Grund von erhöhtem Interesse einfach besser informiert.
Es ist auch in unseren Breitengraden ein Problem des Benutzerverhaltens. Das Internet ist so schnell erwachsen geworden, dass der Grossteil der Menschen, die es nutzen noch nicht gelernt haben richtig damit umzugehen. Dies ist ein Thema, das eigentlich heutige Eltern ihren Kindern beibringen müssten. Aber leider sind genau sie die Generation, die das eigentliche Wesen der Informationsgesellschaft nicht durchdringt.
Wer will es ihnen verübeln ? Genau darauf zielt das Internet, so wie es sich heutzutage darstellt ja leider ab.
Das grundlegende Prinzip der Anpassung durch Interaktion des Users ist es, was grosse Konzerne am Internet so schätzen. Es ist eine Quelle an Informationen über Kunden und potenzielle Kunden, die jeden Rahmen sprengt.
Somit haben diese Konzerne, zusammen mit grossen Behörden weltweit nach und nach das Internet übernommen.
Es wird heutzutage viel über Netzneutralität gesprochen, aber glauben sie mir: den Punkt haben vor einiger Zeit bereits überschritten und es gibt kein zurück. Oder sagen wir lieber: Im „normalen“ Netz gibt es kein Zurück, aber darauf kommen wir gleich zu sprechen.
Zuerst wollen wir klären, was Netzneutralität denn eigentlich bedeutet. Im ursprünglichen Sinne heisst es, dass alle Daten bei der Übertragung im Internet gleich behandelt werden und dass es einen diskriminierungsfreien Zugang bei der Nutzung von Datennetzen gibt.
Da muss man rein technisch bereits einige Einschränkungen machen, da unterschiedliche Dienste auch unterschiedliche Ansprüche haben.
Zum Beispiel können Telefonate und deren Daten, die man über eine Datenleitung schickt, ruhig schon mal ein wenig ungenau sein.
Wenn zum Beispiel das eine oder andere Datenpaket verloren geht, kann man am anderen Ende immer noch verstehen, worum es geht. Wichtig ist, dass die Übertragung schnell von Statten geht, damit man einen gleichmässigen Gesprächsfluss beibehalten kann.
Bei Computerdaten hingegen bedeutet der Verlust eines Datenpaketes, dass die ganze Übertragung hinfällig ist, dafür kann man aber hier Abstriche in der Geschwindigkeit machen.
Wenn wir das Prinzip der Netzneutralität aber etwas weiter fassen, so wie es in der Regel heutzutage auch getan wird, dann vertritt sie ein Ideal, in dem zum Beispiel Telefonanbieter Dienste fremder Dienstleister nicht blockieren oder drosseln, was tatsächlich aber leider immer wieder vorkommt.
Schliesslich sind die grossen Konzerne weltweit daran interessiert ein möglichst grosses Stück vom „Internetkuchen“ abzubekommen.
Ebenso gibt es immer wieder Dienste die aus irgendwelchen Gründen komplett gesperrt werden. Da hätten wir Tauschplattformen, die geschlossen wurden weil zu viele Leute illegal Musik und Filme weitergegeben haben oder eben Facebook in China.
Ob das alles so seine Richtigkeit hat, weiss man in der Regel nicht so genau. Aber dafür gibt es ja auch wieder die Kanäle der Meinungsmache im Internet. „Wer Torrent-Download-Dienste in Anspruch nimmt ist eh ein Krimineller“ und „Wer im Deep Web surft ist ein Perverser“ (Aber zum Deep Web kommen wir später noch).
Jetzt blicken wir erst einmal zurück zu den Anfängen des Internet: Universitäten, die sich vernetzt haben, das Militär natürlich und dann langsam aber sicher die ersten Computernerds, die ihre Rechner verbunden haben.
Es hat sich eine freie Parallelwelt gebildet, in der die meisten Dinge frei zugänglich waren.
Das hat natürlich auch zu Plattformen geführt, auf denen man illegal Musik oder Filme herunterladen konnte.
Ein Umstand, der total politisiert und in fragwürdiger Weise kriminalisiert wurde. Das illegale Weitergeben von lizensierter Software, Musik oder Filmen wurde teilweise so geahndet wie ein bewaffneter Raubüberfall.
Nach und nach haben die grossen Konzerne das ursprünglich freie Netz übernommen.
Und diese, wie wir alle wissen, werden auch niemals müde nach privaten Informationen zu „phischen“, denn die richtigen Informationen kombiniert mit einer strategisch guten, auf den User angepassten Werbung, generieren neue Kunden.
Wer heutzutage im World Wide Web surft, bewegt sich eigentlich bloss in einem grossen Kaufhaus, die wenigsten User finden heutzutage noch den Weg ins Freie.
Wer noch ein kleines wenig von dem Flair des damaligen Internets erhaschen will, der muss sich schon ins Deep Web begeben.
Internet, World Wide Web, Deep Web und Dark Net sind Begriffe, die gerne einmal durcheinander geworfen werden, deshalb wollen wir sie hier erst einmal erklären:
Die Bedeutung des Begriffs „Internet“ sollte grundsätzlich klar sein. Es beschreibt den Verbund aller Rechner, die sich per Telefonan- oder anderem Anbieter zusammenschliessen um Daten auszutauschen. Also jeder Computer, jede Serverfarm, jedes Mobiltelefon und was man sonst noch so mit dem Netz verbinden kann.
Das World Wide Web (www) ist ganz platt gesagt der Teil davon, den man über eine Suchmaschine finden kann.
Von Amazon, der deutschen Bahn, Google über die Downloadseiten für Druckertreiber und Pornobilder bis hin zu dem kleinen Webserver, auf dem man seinen privaten Blog publiziert.
Das Deep Web hingegen ist all das, was zwar auch Teil des Internets ist, aber nicht einfach so erreicht werden kann.
Zum Beispiel Fileserver von Firmen, auf die man nur als Mitarbeiter kommt, wenn man einen entsprechenden Zugang hat. Oder auch der Online Account bei der Bank. Dieser ist für andere Personen ausser dem Eigentümer des Kontos selbstverständlich auch nicht zugänglich.
Aber auch der eigene Rechner ist Teil des Deep Web. Auch er ist an das Netz angeschlossen, lässt standardmässig aber auch niemanden einfach ungebeten herein.
Die Horror Geschichten, die man immer über das Deep Web hört, sind somit erst einmal Unsinn.
Es gibt die Möglichkeit Dienste wie Web-, File-, Mailserver oder anderes im Deep Web zur Verfügung zu stellen, ebenso wie im World Wide Web.
Diese Dienste kann man aber nicht einfach mit seinem Standardbrowser erreichen. Hierfür braucht man zum Beispiel einen Tor-Browser.
Das Prinzip dieser Systeme ist recht einfach: Das Signal wird über etliche Stationen weltweit hin- und hergeschickt, um für Anonymität zu sorgen. So wohl für den Nutzer, als auch für den Dienst selber.
Man entzieht sich also ein gutes Stück weit der Kontrolle und hat wieder ein relativ freies Netz in dem man sich bewegt.
Es handelt sich also um individuell aufgebaute Netzwerke, in denen sich User, in der Regel über verschlüsselte Kanäle, vernetzen um alle möglichen Daten miteinander auszutauschen. Das geht von Tauschbörsen für private Bilder über Softwareentwickler, die Programmcodes testen wollen und Kanäle für Autoren, die in ihrem Land nicht offen sprechen können, bis hin zu Militäroperationen, die in Echtzeit geheimen Datenverkehr hin- und herschicken.
Damit ist es natürlich auch wieder möglich illegale Dinge im Internet anzubieten. Somit kommen wir zum Dark Net.
Es gibt einen Teil des Deep Web, den man als Dark Net kennt. Umgangssprachlich meint man hiermit den Teil des Deep Web, wo all die illegalen Dinge stattfinden, von denen man in den Medien immer wieder mal so hört.
Allerdings ist das natürlich wieder reine Auslegungssache, denn die Definition von „illegal“ sieht bei jedem Menschen ja bekanntlich ein wenig anders aus. Für den einen ist der Verkauf von Marihuana höchst illegal, für den anderen eine Möglichkeit an ein zu unrecht verbotenes Produkt zu kommen.
Ganz krasse Beispiele sind natürlich Online Plattformen auf denen nicht nur harte Drogen, sondern auch Waffen und Menschen verkauft werden oder sogenannte Redrooms, in denen man gegen Bezahlung an interaktiven Livestreams von Folterungen teilnehmen kann.
Und dies sind auch die Bilder, die man dem „Otto-Normal-User“ immer wieder vor Augen hält, um ihn daran zu hindern, das kontrollierte World Wide Web zu verlassen.
Wenn man es nüchtern betrachtet ist man grundsätzlich im Internet wie in einer Wohnung ohne Tür. Es kann jederzeit, jedermann hereinkommen und in den persönlichen Sachen herumwühlen.
Jetzt, wo man die Möglichkeit hat mit Hilfe von Diensten wie Tor eine Türe an seiner Wohnung anzubringen, wird verzweifelt versucht den Leuten einzureden, dass Türen nur dazu dienen um Folterungen, Drogengeschäfte und Auftragskiller-Dienste geheim zu halten.
Dabei handelt es sich eigentlich um ein grundlegendes Privileg, das jedem Menschen in einer freien Gesellschaft zustehen sollte. Die Anonymität seiner Daten. Darüber hinaus wäre dies einer der Wege, das Internet wieder zu einem interessanten, freiheitlichen Raum zu machen, in dem man sich zum Beispiel auch selber einen Dienst einrichten kann, ohne einen Server und eine öffentliche IP Adresse zu mieten.
Also auch für Neueinsteiger, die einfach mal einen Webserver installieren wollen um die selbstgebaute Fanseite ihres Fussballclubs ins Netz zu stellen.
Ach so: Bevor sie versuchen in China über einen Tor-Browser ins Deep Web zu tauchen, diese Services sind selbstverständlich im Reich der Mitte alle blockiert. Da muss man schon einige Vorarbeiten leisten, damit das funktioniert.