Chinese im Karton
Ich habe mich vor kurzem mit einem chinesischen Freund, der in Deutschland lebt unterhalten und wir kamen unter anderem auf einen sehr alten und fragwürdigen Kinderreim zu sprechen.: „Ching Chang Chong,Chinese im Karton“
Dieser Spruch ist wohl plötzlich im Kindergarten seines Sohnes aufgetaucht.
Ich kenne ihn noch von älteren Generationen und hätte nicht gedacht, dass ihn deutsche Kinder in der heutigen Zeit überhaupt noch kennen.
Ähnlich den „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“, ist es ein Kindergesang, in dem Chinesen bzw. ein Chinese vorkommen.
Der Text der „drei Chinesen mit dem Kontrabass“ ergibt inhaltlich nicht wirklich Sinn, weshalb sich auch schlecht sagen lässt, ob es böse gemeint ist, Polizei hin oder her.
Bei dem „Chinesen im Karton“ sieht das schon ein wenig anders aus.
Die Recherche hat keine eindeutigen Ergebnisse zu Tage gebracht und es gibt mehrere Theorien zum Ursprung dieses Stückes.
Es ist wahrscheinlich, dass der erste Teil „Ching Chang Chong“ aus dem Englischen kommt, da man ziemlich viele Treffer bei einer Suchanfrage auf englischen Seiten bekommt.
Die Engländer sind damals ziemlich weit herumgekommen, haben kolonialisiert wo immer sie konnten und wesentlich mehr Bezugspunkte zu fremden Kulturen als die Deutschen.
Es liegt also nahe den Ursprung für den ersten Teil hier zu vermuten.
Es ist, genau wie im deutschen, eine primitive Art Laute der chinesischen Sprache nachzuäffen und nicht selten werden dazu die Augen nach aussen gezogen um Schlitzaugen zu imitieren.
Im deutschen wird er, neben anderen Sprüchen wie „Schnick, Schnack, Schnuck“ bei dem Spiel „Schere, Stein, Papier“ gebraucht.
Ein Spiel, dessen Ursprung selber wahrscheinlich in China liegt und über Japan zu uns gekommen ist.
Es gibt aber auch eine weitere Variante. Eben jene, in der der „Chinese im Karton“ vorkommt.
Ob diesem Bild wirklich mehr Bedeutung zukommt als die, dass es sich einfach reimt, wage ich zu bezweifeln.
Aber es geht ja noch weiter, was viele Deutsche, mich eingeschlossen, nicht wissen (bzw. wussten).
„Chinese in die Ecke scheisse, Fliegen um die Scheisse kreise“. Die lose Satzstruktur in dem halbfertigen Satz könnte im Zusammenhang mit dem lautmalerischen „Ching Chang Chong“ wieder abwertend auf die Ausdrucksweise eines Ausländers hinweisen. Mal ganz abgesehen vom Inhalt.
Zu dem kommen wir jetzt: Es wird einerseits die Meinung vertreten, dass dies auf Zeiten hinweist, in denen die chinesische Kultur etwas ins Wanken geraten ist (zu Zeiten der Kulturrevolution zum Beispiel) und sanitäre Einrichtungen nicht immer intakt waren und dies zum Anlass genommen wurde um Spott zu sähen.
Das halte ich persönlich aber für zu weit hergeholt. Der Kraftausdruck „Scheisse“ in allen Forman und Ausdrucksweisen wird in der Regel allgemein als Beschimpfung ohne intelligente Hintergrundgeschichte verwendet.
Erst wird lautmalerisch die Sprache veralbert, dann kommt ein Reim der keinen Sinn ergibt, aber den Betroffenen dumm aussehen lässt („im Karton“) und dann irgendwas mit „Scheisse“. Fertig ist der Kinderreim. Zugegeben kein besonders schöner.
Es gibt aber noch eine weitere Meinung: Die, dass der Spruch eigentlich gar nicht bösartig ist, sondern den Chinesen als besonders schlau darstellt (wenn auch auf eine ziemlich skurrile Art).
So gibt es einen Witz, in dem verschiedene Leute in einem Raum voller Fliegen ausharren sollen.
Niemand schafft es besonders lange, ausser dem Chinesen, der seine Notdurft in der Ecke verrichtet und damit die Fliegen von sich fern hält. „Ching Chang Chung, Chinese ist nicht dumm“ heisst es dann entsprechend.
Nun, ich finde auch das reisst es nicht mehr heraus. Bei einem Reim der explizit Menschen einer bestimmten Herkunft nennt und sie mit Fäkalien kombiniert , kann einfach nichts gutes herauskommen.
Wie gesagt: ich habe keine hundertprozentige Quelle finden können um herauszufinden woher dieser Spruch eigentlich kommt und vielleicht wäre das ein Umstand, den man dazu nutzen könnte, um auch den Kinderreim selbst einfach komplett zu vergessen. In der Reihe der schönen Kinderreime würde er niemandem wirklich fehlen.
Aber ich bin der Überzeugung, dass man auch, oder vielleicht sogar insbesondere über unschöne Dinge reden sollte. Man muss verstehen warum es sie gibt um sie in Zukunft zu vermeiden.