Blauäugig

Was uns Ausländer von Chinesen unterscheidet, sind, neben vielen anderen Dingen, unsere Augen.
Chinesen haben eine dunkelbraune, oft fast schon schwarze Iris, während man bei uns von blau, grau, braun bis hin zu grün alle möglichen Farben vorfindet.
Gerade blaue Augen haben schon immer die Phantasie der Menschen beflügelt und so wird dem Prinzen aus dem Märchen immer nachgesagt, er habe blaue Augen.
Allerdings gibt es auch noch eine Redensart, die Naivität mit blauen Augen assoziiert. Wenn man blauäugig ist, oder etwas blauäugig tut.
Hintergrund dieser Redewendung ist der Umstand, dass Neugeborene in Deutschland oft blaue Augen haben, da sich in der Iris noch kein Melanin (Farbpigmente) abgelagert hat. Je mehr Pigmente, um so dunklere Augen.
Da die selben Pigmente auch Haar- und Hautfarbe bestimmen, ist es nicht verwunderlich, dass blaue Augen meist zusammen mit blondem Haar und sehr heller Haut auftreten.
Damit wären wir dann auch bei den Blondinenwitzen angelangt, denen man ja auch nachsagt, sie seien nicht besonders schlau.
Wird die Naivität bei einem Kind noch als etwas positives, reines angesehen, so gilt sie bei einem Erwachsenen als Manko.
Und das bringt mich direkt zu meinem Thema:
Wenn man noch nicht all zu lange als Ausländer in China unterwegs ist, läuft man ziemlich blauäugig durch die Gegend. Vor allen Dingen durch den Strassenverkehr.
Man weiss noch nicht besonders viel über China, vergleicht also alles erst einmal mit dem was man aus der Heimat kennt.
So wundert man sich erst einmal, dass rote und grüne Ampeln mehr so eine Art Ratschlag sind, wann man die Strasse überqueren sollte, der aber nicht wirklich bindend ist.
Und man bemerkt schnell, dass die Abbiegerspur auch noch grün hat, wenn die Fussgänger, die ebenfalls grün haben, bereits die Strasse überqueren.

So weit noch nichts Neues im Vergleich zum Verkehr in Deutschland. Allerdings drängen die abbiegenden Autos mit aller Gewalt durch die Menschenmassen, die teilweise schon zur Seite springen müssen um nicht unter dem Auto zu landen.
Man ist als deutscher Fussgänger gewöhnt, dass Autos brav warten, bis man die Strasse überquert hat. Nicht so in China.
Das ist auch gar nicht so schwer nachzuvollziehen: Es sind nie endende Menschenströme, die die Strassen in China überqueren wollen.
Würde man jetzt als Autofahrer warten bis sie alle auf der anderen Strassenseite angelangt sind, so würde man bis zum jüngsten Tag noch auf der Abbiegerspur warten.
So etwas vergisst man schon mal, wenn man als Ausländer auf Chinas Strassen unterwegs ist.
Hier ist aber Vorsicht geboten: Sollte es wirklich einmal zu einem Unfall kommen, so kann man oft nicht, wie in Deutschland gewohnt. auf eine entsprechende sofortige Hilfe oder sogar eine Entschädigung hoffen.
Gerade, wenn man von einem Roller oder Lastenmotorrad angefahren wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Fahrer keine Versicherung hat.
Und es ist auch nicht immer sicher, ob er überhaupt einen Ausweis besitzt.
Einige der Gefährte sind darüber hinaus illegal selbst zudsammengeschustert.
Es ist also sehr gut möglich, dass der Unfallverursacher einfach das Weite sucht, während Sie verletzt am Boden liegen.
Und dann kommen wir zum nächsten Problem: Es wird Ihnen niemand helfen.
In China hat man Angst, einem Verletzten zu helfen und das hat zwei Gründe:
Fast niemand hat in China einen Erste Hilfe Kurs besucht, deshalb ist die Angst etwas falsch zu machen sehr hoch.
Jetzt könnten Sie sagen: „lieber etwas falsch machen, als gar nichts tun“. Aber das geht in China auch nicht so einfach, da man für Schäden, die man bei seiner Hilfsaktion verursacht, tatsächlich haftbar gemacht werden kann.
Stellen Sie sich vor sie beatmen ein Unfallopfer auf der Strasse, retten ihm das Leben, haben ihn dummerweise aber bewegt, so dass er die Querschnittslähmung, die er nun hat, Ihrem unprofessionellen Eingreifen verdankt.
Sie werden ein Leben lang für ihn bezahlen müssen. Davor hat jeder Angst hier.
Un es gibt einen weiteren Grund: Es kommt nicht selten vor, dass ein Unfallopfer dem geholfen wurde, seinen Helfer bezichtigt, ihn bestohlen zu haben, während er reglos auf der Strasse lag.
Es kommt gar nicht selten vor, dass jemand einen Unfall einfach vortäuscht, einfach nur um dem Fahrer in irgend einer Weise das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Auch das ist ein Grund warum man in China einen grossen Bogen um Leute macht, die auf der Strasse liegen.
Jetzt führen Sie sich noch vor Augen, dass Rettungswagen, wie jedes andere Gefährt, auch im Stau stecken, da auf den Strassen Beijings gar kein Platz für die anderen Fahrer ist um auszuweichen, dann können Sie sich vorstellen, dass es keine gute Idee ist in China einfach blauäugig durch den Strassenverkehr zu laufen.
Halten Sie also stets die Augen offen. Und wenn Sie neu sind in der Stadt, laufen Sie einfach mit den Menschenmassen.
Autos stoppen zwar nicht für Einzelpersonen, die ihnen über den Weg laufen, für grössere Menschenansammlungen aber schon.