Im Park

Sie kennen es sicher auch: Am Wochenende etwas Entspannung suchen und einfach mal in den Park gehen.
Ein wenig spazieren gehen, die Seele baumeln lassen und entspannt wiederkommen.
So weit die deutsche Sichtweise auf einen Tag im Park. In China sieht das alles etwas anders aus.
Als erstes muss man für die meisten Parks bezahlen. Die wenigen, die kostenlos sind kann man an einer Hand abzählen und diese sind dann auch oft nicht mehr als ein paar ausgetretene Blumenbeete inmitten der Schnellstrassen.
Rentner haben in der Regel eine Monats- oder Jahreskarte, die es ihnen ermöglicht jeden Park in Beijing zu besuchen, weshalb man sie denn auch immer wieder morgens in ihrem Lieblingspark antreffen kann, wo sie mit grossen Pinseln und Wasser chinesische Schriftzeichen üben, 太极拳 tài jí quán (im deutschen auch als chinesisches Schattenboxen bekannt) praktizieren, tanzen oder klatschend rückwärts laufen (ich hatte im Artikel Gleich klatscht es darüber berichtet).
Ich denke, dass die Senioren auch die einzigen in China sind, die noch in den Park gehen können um sich zu entspannen.
Denn ein Tag im Park sieht für den Durchschnittschinesen in der Regel anders aus:
Als erstes sind die Parks völlig überlaufen mit Menschen. Da kann man den gemütlichen Spaziergang gleich mal vergessen.
Man versucht sich, wie auf einer Einkaufstrasse am verkaufsoffenen Sonntag durch die Massen zu schlängeln.
Dabei muss man aufpassen, dass man nicht von den unzähligen, elektrobetriebenen Kinderautos angefahren wird.
Diese kann man sich im Park ausleihen und so versucht der Nachwuchs auf den engen und überfüllten Wegen, im Plastikporsche dessen Stoßstange nur noch an ein paar Klebestreifen hängt, seine Fahrkünste zur Schau zu stellen.
Überhaupt ist das Freizeitangebot in den Parks sehr auf Kinder ausgelegt. Egal ob man in den Skulpturenpark geht, oder einen der alten kaiserlichen Gärten besucht, überall gibt es ein kleines Phantasialand mit Karussells, Tretbooten, kleinen Bahnen mit Minipanzern und jeder Menge elektrischem Spielzeug, das einen riesigen Radau macht und die quäkenden Melodien immer und immer wieder in durch die Gegend posaunt. (Wir haben ja im Artikel Dauerbeschallung bereits gelernt, dass Chinesen äußerst stressresitent sind, gerade was Lärm angeht.)
Das alles ist in China völlig normal. Wir müssen uns vor Augen halten, dass es in Chinas Großstädten sonst keinen Platz für Kinder gibt.
Der Verkehr ist viel zu gefährlich, als dass man Kinder alleine raus lassen könnte und viel Grün gibt es auch nicht. Da muss man dann als Eltern auf die Parks zurückgreifen.
Das alles finde ich auch gar nicht so schlimm. Wer kann Kindern schon böse sein ? Da muss man als Erwachsener schon mal zurückstecken, schliesslich ist dies für sie oft der einzige Lichtblick in einem sonst von Lernen geprägten Tagesablauf.
Was mich viel mehr irritiert sind die Erwachsenen:
Geht man in einen Park, weil man schöne Fotos machen möchte, ist das kaum möglich, da sich vor jedem interessanten Motiv bereits etliche Leute tummeln um ihre Selfies zu machen. (ich hatte ja im Artikel Alles ist relativ darüber breichtet, dass Chinesen eigentlich nur Fotos als Selfies machen.) Das kann wirklich nerven.
Ein weiterer Umstand, der mich immer wieder „warum ?“ denken lässt, ist die Tatsache, dass Chinesen sich partout nicht an Regeln halten.
Das ist im Strassenverkehr so und im sonstigen Leben eben auch.
Wenn dort ein Schild steht, dass man die Blumenbeete bitte nicht betreten soll, kann man davon ausgehen, dass so viele Leute durch die Blumen latschen, dass es regelrecht ausgetretene Wege gibt.
Und dann ist da noch der Müll. Das Verständnis, dass jeder einzelne für sein Umfeld zuständig ist und mit seinem Verhalten dazu beiträgt dass die Umwelt total verdreckt, oder eben nicht, muss sich in China erst noch entwickeln.
Die grossen Parks sind auf Grund von einer Armada an Reinigungskräften mehr oder weniger sauber, aber wenn man mal die Ecken anschaut, die etwas schlechter zu erreichen sind, kann man sehen wie sich der Müll stapelt, genau so wie auf den Grünstreifen in der Stadt.
Alles in allem kann ein Tag im Park richtig anstrengend sein. Für die Leute, die es einrichten können, empfehle ich daher: gehen sie unter der Woche, wenn der Grossteil der Leute arbeiten muss. Es wird zwar immer noch recht voll sein, aber im Vergleich zum Wochenende doch noch überschaubar.