Chinesen und all die anderen
In China hört man immer wieder Geschichten darüber, dass Ausländer nicht gleich behandelt werden.
Nicht gleich im Vergleich zu Chinesen, aber auch die unterschiedlichen Ausländer nicht gleich im Vergleich zueinander.
Viele Chinesen haben noch nie einen Ausländer aus der Nähe gesehen und so ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, wenn man auf offener Strasse ständig angegafft wird.
Einige Kinder haben tatsächlich Angst vor Ausländern, denn in den Filmen, die auf den alten Geschichten basieren, haben die Monster stets blaue oder andersfarbige Augen.
In ganz seltenen Fällen auf dem Land kann es auch schon einmal vorkommen, dass ältere Leute deshalb schnell die Strassenseite wechseln. Man fühlt sich wie ein „WhiteWalker“.
Dieses Phänomen ist mir allerdings erst einmal in einem kleinen Dorf im Süden Chinas passiert.
Als erstes fällt auf, dass Chinesen erst einmal Europäern gegenüber sehr interessiert sind.
Das Land war lange Jahre wie in Watte gepackt und jetzt sind die Leute natürlich neugierig auf Ausländer.
Als Deutscher in China wird man immer wieder gut behandelt und es gibt viele Situationen, in denen man von Chinesen sogar besser behandelt wird, als sie ihre eigenen Landsleute behandeln.
Gerade im Berufsleben kann man das immer wieder erleben. Chinesische Produkte und Unternehmen haben auch in weiten Teilen Chinas kein gutes Ansehen. Es wird viel zu oft gepfuscht, gelogen und betrogen.
Im Artikel International laundry hatte ich das Thema einmal kurz angeschnitten.
Und so traut man auch Ausländern (hauptsächlich Europäern oder Amerikanern) mehr zu und ist oft der Meinung, dass sie ihre Arbeit besser machen, als es ein Chinese tun würde.
Das macht auf der anderen Seite natürlich einige Chinesen eifersüchtig, auch wenn die Ausländer selber gar nichts dafür können (ein Beispiel könnte das Lied aus dem Artikel Dummer Ausländer sein).
Man sieht Ausländern oft Dinge nach, wenn sie sich etwas daneben benehmen. Und ja, man muss auch zugeben, dass es ein paar Ausländer hier tatsächlich übertreiben.
Aber diese Toleranz hat zwei Grenzen.
Zum einen, wenn es um’s Geschäft geht. Denn Ausländer werden in China niemals den gleichen Preis für irgendwelche Dinge bezahlen wie ein Chinese, man wird immer über’s Ohr gehauen.
Auch ich muss, wenn ich etwas spezielles kaufen möchte, ein paar Tage vorher auskundschaften, was ich denn gerne möchte, um dann einen Chinesen die Sachen kaufen zu lassen.
Und es sind für Chinesen offensichtlich nicht alle Ausländer gleich und das hat tatsächlich mit der Hautfarbe zu tun.
Je dunkler der Teint, um so niedriger ist das Ansehen in China.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Weisse Ausländer werden oft zwar besser behandelt, als Chinesen, aber in der Hirarchie kommen sie dennoch hinter den Asiaten.
Was auch nicht weiter verwunderlich ist, schliesslich hält jeder Mensch sich erst einmal, auf die ein oder andere Art für das Zentrum des Universums.
Da geht es von Aussagen wie „Asiaten sind intelligenter“ bis hin zu „Asiaten riechen nicht, wenn sie schwitzen“ (hatte ich im Artikel Beijing Bikini ja bereits erzählt) und weiter.
Interessanterweise alles Vorurteile, die es auf der Gegenseite auch gibt. Da wird dann das stumpfe Auswendiglernen in China kritisiert, das ganz im Gegensatz zur Intelligenz steht und vieles mehr.
Ich denke, die Einzelheiten können wir uns hier sparen, Sie kennen alle die üblichen Vorurteile.
In der Regel werden solche Ansichten aus einer Angst geboren, die relativ einfach weiter geschürt werden kann.
Weltweit funktioniert die Aussage „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze und die Frauen weg“, völlig egal ob es der Wahrheit entspricht oder nicht.
Und genau wie überall auf der Welt sind diese Vorurteile meist abhängig von der Bildung. Auch in Deutschland sind es in der Regel die vom System zurückgelassenen, die die Ausländer in ihre Heimat abschieben wollen.
Genauso findet man auch in China weniger Vorurteile gegenüber dunkelhäutigen Menschen, je höher das Bildungsniveau ist.
Aber jetzt kommen wir zu einem ganz entscheidenen Punkt: Diese Ansichten, die nicht jeder Chinese, aber doch schon einige von ihnen teilen, treten in der Öffentlichkeit immer als Meinungen von Einzelpersonen auf.
Auch wenn es gewisse Ansichten gibt, in denen sich weite Teile der Bevölkerung einig sind.
Es gibt keine organisierte Gruppen, die diese Vorurteile zu ihrem Programm machen. Es gibt also, um es mit deutschen Begriffen zu umschreiben, keine Rechte Szene, keine Organisation die sich gegen eine angebliche Überfremdung wehrt.
Zumindest ist mir noch keine zu Ohren gekommen.
Bei den meisten Erscheinungen scheint es sich einfach um ein natürliches Überlegenheitsgefühl zu handeln.
Das ist zwar auch nicht schön, aber erst einmal nicht gefährlich, so lange man noch bereit ist sein Unwissen mit Erfahrungen zu bereichern und diese Vorurteile dann auch als Vorurteile abzutun.